cunningbird

CUNNINGBIRD –

Dean Benedetti und Charlie Parker:Annäherung an eine besondere Beziehung

EIN LITERARISCH-MUSIKALISCHES HÖRSTÜCK VON UND MIT BARBARA ENGELMANN.

Was spielt sich ab im Magnetfeld eines Genies, das eine so starke Anziehung ausübt, eines Planeten, der so übermäßig strahlt, dass jedes andere Leuchten verblassen oder gar verlöschen muss? Und wie ist andererseits so ein Stern beschaffen, der sich dem Strahlen und dem Licht des Genie-Planeten aussetzt? Was passiert im Spannungsfeld zwischen diesen beiden? Ein solcher Stern im Umfeld des Planeten Charlie Parker war der italo-amerikanische Saxophonist Dean Benedetti. In der Geschichte des Jazz wurde er immer wieder einmal mit einigen Sätzen erwähnt als einer, der sich, wie auch andere Musiker und Bebop-Anhänger jener Jahre, im überdimensionalen Schatten des großen Saxophonisten „Bird“ bewegte: einer, der dermaßen besessen war von Parkers Musik, dass er ihm überall hin folgte, um unter den widrigsten und absurdesten Bedingungen Parkers Soli aufzunehmen. Weiter heißt es, niemand wisse, was mit dem vielen Aufnahmematerial, dem „Heiligen Graal des Jazz“, nach Deans frühem Tod passiert sei. Nicht einer der Parker – Biographen hat jedoch erwähnt, dass Dean tatsächlich auch selber ein recht talentierter Saxophonist und Bandleader war. Keiner erzählte, dass er und seine „Barons of Rhythm“ in den frühen Vierziger Jahren versuchten, dem Bebop in Kalifornien den Weg zu ebnen – längst bevor Charlie Parker und Dizzy Gillespie im Herbst 1945 zum ersten Mal in LA auftraten. Erst 1980 kontaktierte Deans Bruder Rick den Journalisten und Jazzhistoriker Bob Porter und stellte das gesamte, verloren geglaubte Material (Hunderte von Aufnahmen und von Dean angefertigte Transkriptionen) zur Verfügung: Rick sah die Chance, das schiefe Bild gerade rücken, das im Zuge der Mythisierung des tragischen Genies Charlie Parker von seinem Bruder entstanden war, seiner Arbeit gerecht zu werden und ihr endlich den Platz zukommen zu lassen, den sie verdiente. Es dauerte zehn Jahre, ehe das gesichtete, editierte und teilweise restaurierte Material schließlich vom Label Mosaic veröffentlicht wurde.

Das Hörstück lässt die beiden Musiker in zwar fiktiven, jedoch von Versatzstücken aus ihren Biographien inspirierten Szenen aufeinandertreffen, begleitet von einem Soundtrack mit Originalaufnahmen von Charlie Parker und der wohl einzigen Komposition von Dean Benedetti, die durch die Aufnahme seines Freundes und Bandkollegen Jimmy Knepper überliefert ist: Cunningbird . So kann ihre sehr spezielle Beziehung für ein heutiges Publikum noch einmal lebendig werden.

Das was sich in der Verflechtung der Biographien dieser beiden Musiker offenbart, mutet beinahe exemplarisch an innerhalb der Geschichte des Bebop und der gesamten Hipster-Epoche, die prägend war für den künstlerischen Ausdruck an sich, und zwar übergreifend in allen Disziplinen. Dies hier ist die Geschichte der schicksalhaften Begegnung zweier Musiker, die zu einer Reflexion führt: Denn im Mittelpunkt steht das außergewöhnliche Talent, das den töten kann, der es besitzt, und das ganz langsam den verzehrt, der es nicht besitzt. Das gilt nicht nur für die Musik: Geschichten wie diese gibt es überall da, wo überragende Talente ihr Umfeld in ihren Bann ziehen: der Grat zwischen Hingabe und Selbstaufgabe ist oft nur sehr schmal…

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